Thursday, January 19, 2023

Die Maximen des hl. Philipp Neri für jeden Tag im Jahr

Aachen

Wein

JANUAR 

01 Wann wollen wir anfangen, Gutes zu tun? 

02 Nulla dies sine linea (kein Tag ohne Linie): Lass keinen Tag verstreichen, ohne an ihm etwas Gutes getan zu haben. 

03 Wir dürfen nicht zögern, Gutes zu tun, denn auch der Tod wird zu seiner Zeit nicht zögern. 

04 Glücklich der Jugendliche, dem Gott die Zeit gibt, Gutes zu vollbringen. 

05 Gut ist es, sich eine gute Form der Frömmigkeit zu erwählen, ihr treu zu bleiben, und sie niemals aufzugeben. 

06 Wer etwas anderes will als Christus, der weiß nicht, was er will. Wer nach etwas anderem verlangt als nach Christus, der weiß nicht, wonach er verlangt. Wer arbeitet und nicht für Christus, der weiß nicht, was er tut. 

07 Niemand soll eine Maske tragen, andernfalls wird er Böses tun; wenn er aber eine trägt, soll er sie verbrennen. 

08 Geistliche Menschen sollen gleichermaßen bereit sein, Geschmack an den göttlichen Dingen zu finden, wie auch, Leiden zu ertragen und in der Trockenheit des Geistes und der Frömmigkeit auszuhalten, die ganze Zeit über, die es Gott gefällt, ohne sich je über irgendeine Sache zu beklagen. 

09 Gott bedarf keines Menschen. 

10 Wenn Gott bei uns ist, bleibt keiner übrig, den wir fürchten müssten. 

11 Wer wünscht, dass ihm vollkommen gehorcht wird, sollte nur wenige Befehle erteilen. 

12 Es ist notwendig, den Geist bescheiden zu halten und ihn nicht auf Dinge zu ziehen, die zu wunderbar und zu hoch für einen sind. [Sir 3, 17-23]. 

13 Menschen sollten oft ihre guten Entscheide bekräftigen und nicht den Mut verlieren, weil sie gegen sie in Versuchung geführt werden. 

14 Der Name Jesu, mit Ehrfurcht und Liebe ausgesprochen, hat Kraft, das Herz zu erweichen. 

15 Gehorsam ist ein direkter Weg zur Vollkommenheit. 

16 Wer auf Gottes Wegen ernsthaft vorankommen will, muss sich ganz in die Hände der Oberen geben – immer und in allem. Wer aber nicht unter dem Gebot des Gehorsams lebt, muss sich aus eigenem Antrieb einem gelehrten und klugen Beichtvater unterstellen, dem er an Gottes Stelle gehorcht, indem er ihm vollkommen frei und schlicht alle Angelegenheiten seiner Seele enthüllt. Niemals sollte man eine Entscheidung ohne seinen Rat fällen. 

17 Nichts verleiht unseren Handlungen größere Sicherheit und zerschneidet wirksamer die Schlingen, die der Teufel uns legt, als wenn man bei guten Werken mehr dem Willen eines anderen folgt als dem eigenen. 

18 Bevor jemand seinen Beichtvater wählt, sollte er gut darüber nachdenken und auch darüber beten; wenn er ihn jedoch einmal erwählt hat, sollte er ihn nicht wechseln, es sei denn aus ganz dringenden Gründen; er sollte äußerstes Vertrauen in ihn haben. 

19 Wenn es dem Teufel missglückt ist, einen Menschen zu Fall zu bringen, so setzt er alles daran, Misstrauen zwischen Beichtendem und Beichtvater zu säen. Denn auf diese Weise erreicht er schließlich nach und nach sein Ziel. 

20 Wer in der Welt lebt, soll sich zuhause heiligen, da weder der Hof, noch die Kunst, noch die schwere Arbeit ein Hindernis sind, Gott zu dienen. 

21 Gehorsam ist das wahre Opfer, das wir Gott auf dem Altar unseres Herzens darbringen. 

22 Um wahrhaft gehorsam zu sein, genügt es nicht, das zu tun, was der Gehorsam befiehlt, wir müssen es vielmehr tun, ohne darüber zu diskutieren. 

23 Die heiligste Jungfrau möge unsere Liebe und unser Trost sein. 

24 Die guten Werke, die wir aus eigenem Willen vollbringen, sind nicht so verdienstvoll wie diejenigen, die im Gehorsam vollbracht werden. 

25 Das wunderbarste Gebet, das wir sprechen können, besteht darin, Gott zu sagen: „Wie du weißt und willst, o Herr, so tu mit mir.“ 

26 Wenn Drangsale, Gebrechlichkeiten und Widerstände kommen, dürfen wir nicht erschreckt davonlaufen, sondern müssen sie mutig besiegen. 

27 Es genügt nicht, festzustellen, ob Gott das Gute will, das wir erstreben, sondern auch, ob er es durch mich will, in welcher Weise und zu welcher Zeit. Der wahre Gehorsam kann dies alles unterscheiden. 

28 Um vollkommen zu sein, dürfen wir nicht allein unseren Oberen gehorchen und sie ehren; auch die Gleichgestellten und die Untergebenen müssen wir hoch schätzen. 

29 Im Umgang mit unserem Nächsten müssen wir die größtmögliche Freundlichkeit einsetzen, und ihn durch diese Leichtigkeit auf den Weg der Tugend führen. 

30 Ein Mensch, der unter dem Gehorsam ein gewöhnliches Leben führt, ist viel mehr zu ehren als einer, der nach seinem eigenen Willen große Bußübungen vollbringt. 

31 Eine persönliche Leidenschaft abzutöten, wie klein sie auch sei, hilft im geistlichen Leben viel mehr voran als viele Entsagungen, Fastenübungen und Geißelungen. ​ 


FEBRUAR

01 Wer weise sein will ohne die wahre Weisheit, oder heil ohne den Heiland, der ist nicht gesund, sondern krank, der ist nicht weise, sondern verrückt. 

02 Hingabe an die seligste Jungfrau Maria ist wirklich notwendig, denn es gibt kein besseres Mittel, um die Gnaden von Gott zu erhalten, als seine heiligste Mutter. 

03 Man sollte sich selbst zwingen, auch in kleinen, unscheinbaren Dingen zu gehorchen. Denn dadurch wird man fähig, auch leicht in größeren Angelegenheiten gehorsam zu sein. 

04 Wer so handelt, sei versichert: Er wird vor Gott keine Rechenschaft für seine Handlungen ablegen müssen. [Solange der Gehorsam nicht gegen den Glauben und das Gewissen steht]. 

05 Die Vollkommenheit besteht nicht in solch äußerlichen Dingen wie dem Vergießen von Tränen oder Ähnlichem, sondern in wahren und festen Tugenden. 

06 Tränen sind kein Zeichen, dass ein Mensch in der Gnade Gottes steht. Wir können auch nicht annehmen, dass jemand ein heiligmäßiges Leben führt, nur weil er beim Gespräch über heilige und fromme Dinge in Tränen ausbricht. 

07 Die Heiterkeit stärkt das Herz und macht uns beständig in einem guten Leben. Deshalb soll ein Diener Gottes immer fröhlich bleiben. 

08 Wenn man von Versuchungen oder irgendeinem anderen Leid befreit wurde, dann soll man nicht vergessen, diese Gnade von Gott erhalten zu haben, und dass man sie als Geschenk erhalten hat. 

09 Wir müssen die Widerwärtigkeiten, die Gott uns schickt, annehmen, ohne darüber zu reden, und es für sicher halten, dass es die bessere Sache für uns ist. 

10 Wir sollten es auch so einschätzen, dass Gott alles gut macht. Auch wenn wir den Grund dessen, was er tut, nicht verstehen. 

11 Man sollte sich bereitwillig in die Meinung eines anderen einfühlen und zu seinen Gunsten sprechen und gegen sich selbst, und die Dinge im Guten aufnehmen. 

12 Um den Geist des Gebetes zu fördern, gibt es nichts Besseres, als geistliche Bücher zu lesen. 

13 Häufig die heiligsten Sakramente empfangen, zu den Predigten gehen und oft das Leben der Heiligen lesen. 

14 Der Mensch denke daran, immer Gott vor Augen zu haben. 

15 Wer in der Gelegenheit zur Sünde steht, passe auf, was er tut, er befreie sich aus der Gelegenheit und fliehe die Sünde. 

16 Es gibt nichts Gutes in dieser Welt: Vanitas vanitatum, et omnia vanitas (- Eitelkeit der Eitelkeiten, und alles ist Eitelkeit). [Koh 1, 2]. 

17 Zuletzt müssen wir doch sterben. 

18 Anfänger im religiösen Leben sollten sich in der Meditation der vier letzten Dinge üben. [Tod, Gericht, Seligkeit, Hölle]. 

19 Wer nicht in der Hölle war, solange er lebte, läuft große Gefahr dorthin zu kommen, wenn er tot ist. 

20 Um im geistlichen Leben standhaft zu bleiben, ist es sehr förderlich, im Gebetsleben zu stehen, besonders mit dem Rat des Beichtvaters. 

21 Es gibt nichts, was der Teufel mehr fürchtet, und was ihm sicherer entgegensteht, als das Gebet. 

22 Ein sehr gutes Mittel, um uns davor zu bewahren, in schwere Schuld zu fallen, ist, jeden Abend zu sagen: „Morgen kann ich tot sein.“ 

23 Ein Mensch ohne Gebet ist ein Tier ohne Gespräch. 

24 Auch wenn der Ordensstand der herausragendste ist, passt er doch nicht für alle. 

25 Um Beten zu lernen, ist es das beste Mittel, sich eines solchen Geschenkes gar nicht würdig zu sehen und sich deshalb in allem in die Arme des Herrn zu werfen. 

26 Die wahre Vorbereitung auf das Gebet besteht darin, sich in der Selbstentäußerung zu üben. Denn wer sich ohne Selbstentäußerung dem Gebet hingeben möchte, ist wie ein Vogel, der zu fliegen beginnen möchte ohne Federn. 

27 Wir können niemals ein kontemplatives Leben führen, wenn wir uns nicht vorher mit großer Mühe im tätigen Leben üben. 

28 Es ist notwendig, dem Geist, den Gott uns im Gebet schenkt, zu gehorchen und ihm zu folgen. Wenn er uns z.B. dazu neigt, die Passion zu meditieren, dann sollten wir nicht ein anderes Geheimnis meditieren wollen. 

29 Wenn jemand zur Kommunion geht, dann soll er dem gleichen Geist folgen, den er im Gebet hatte und nicht nach neuen Meditationen suchen. ​ 


MÄRZ 

01 Wir sollten niemals für irgendjemanden eine Gnade von Gott erbitten ohne die Bedingung: Wenn es Gott gefällt, oder ähnliches. 

02 Wenn ein spiritueller Mensch eine große innere Ruhe des Geistes empfindet, wenn er Gott um eine Gnade bittet, so ist das bereits ein gutes Zeichen dafür, dass Gott seine Bitte schon erfüllt hat oder sehr bald erfüllen will. 

03 Ein Mensch sollte niemals meinen, dass er irgendetwas Gutes getan hätte oder sich mit irgendeinem Grad an Perfektion zufrieden geben, den er erreicht haben mag. Denn Christus hat uns als Form unserer Vollkommenheit die Vollkommenheit des Ewigen Vaters vor Augen gestellt und gesagt: „Seid also vollkommen, wie auch euer himmlischer Vater vollkommen ist“. [Mt 5, 48]. 

04 Die innere sanfte Freude, die einige im Gebet empfinden, ist die Milch, die unser Herr diejenigen schmecken lässt, die gerade angefangen haben, ihm zu dienen. 

05 Wir hören nicht auf zu beten, wenn wir das Gebet verlassen, weil wir gebraucht werden, um einem Nächsten Gutes zu tun. Vielmehr verlassen wir Christus um Christi willen; wir berauben uns spiritueller Annehmlichkeiten, um Seelen für Christus zu gewinnen. 

06 Es ist besser für einen Menschen, das Gebet mit Appetit und dem Wunsch nach Rückkehr zu verlassen, als gelangweilt zu gehen. 

07 Die Dinge der Heiligen Schrift lassen sich besser durch Gebet als durch Studium erforschen. 

08 Sich im caritativen Dienst an den Kranken zu üben, ist ein direkter Weg, um zur vollkommenen Tugend zu gelangen. 

09 Die Frauen mögen zu Hause bleiben und sich dort der Pflege ihrer Familie widmen und sie sollten nicht gerne in die Öffentlichkeit hinausgehen. 

10 Wir müssen Gott unermüdlich bitten, dass er uns die Gabe der heiligen Ausdauer gibt. 

11 Wegen Zerstreuungen oder Beunruhigungen des Geistes dürfen wir das Gebet nicht verlassen, selbst wenn es ohne irgendeinen Nutzen erscheint. Wer seine ganze gewohnte Gebetszeit ausharrt und seinen Geist immer wieder liebenswürdig zum Gegenstand seines Gebetes zurückruft, wird viel gewinnen. 

12 Wenn wir in unserem Gebetsleben trockene Zeiten erfahren, sollten wir uns darin üben, demütig zu sein, Selbsterkenntnis zu gewinnen, dass wir nichts können oder von Gott Hilfe erbitten. Dies alles ist wirkliches Gebet. 

13 Die beste Arznei gegen die Trockenheit des Geistes ist die Vorstellung, ein Bettler in Gegenwart Gottes und der Heiligen zu sein. Und wie diese sollten wir zu jenem Heiligen oder zu einem anderen gehen, um von ihnen ein geistliches Almosen zu erbitten mit jener Liebe und Wahrhaftigkeit, mit der die Armen es gewöhnlich zu tun pflegen. 

14 Die Weise, ein geistliches Almosen zu erbitten, kann auch ganz körperlich geschehen, indem wir zu der Kirche des einen Heiligen oder zu der Kirche jenes anderen hingehen, um jenes heilige Almosen zu erbitten. 

15 Ohne Gebet kann man nicht lange auf den geistlichen Wegen ausharren. Daher müssen wir täglich auf dieses kraftvolle Mittel des Heils zurückgreifen. 

16 Jugendliche sollten, um sich vor jeder Gefahr der Unreinheit zu bewahren, nicht sofort nach dem Essen auf ihre Zimmer zurückkehren, weder um zu lesen, noch um zu schreiben oder zu sonst etwas, sondern sie sollten sich noch ein wenig miteinander unterhalten. Denn zu dieser Zeit greift uns der Teufel stärker an. Dieser Dämon wird in der Schrift „Mittagsdämon“ genannt, von dem der heilige David wünschte, befreit zu werden. 

17 Wenn junge Menschen ihre Reinheit bewahren wollen, dann sollen sie schlechte Gesellschaft meiden. 

18 Aus dem gleichen Grund sollten sie ihre Körper nicht köstlich ernähren. 

19 Gott hat die Angewohnheit, das menschliche Leben mit Sorge und Trost zu durchflechten; wenigstens innerlich. 

20 Junge Menschen sollten sehr sorgfältig den Müßiggang vermeiden. 

21 Wenn die Väter ihren Söhnen eine gute Erziehung gegeben haben und das Ihre recht gut geordnet und übersichtlich hinterlassen haben, so werden die Söhne, die ihnen nach ihrem Tod nachfolgen, wenn sie auf dem Weg, der ihnen gezeigt wurde, voranschreiten, den Nutzen haben, das Haus in den guten Sitten und in der Gottesfurcht verbleiben zu sehen. 

22 Junge Menschen sollten, um ihre Reinheit zu bewahren, häufig die Sakramente, besonders das Bußsakrament empfangen. 

23 Wir dürfen uns niemals selbst trauen, weil das der bevorzugte Weg des Teufels ist, um uns erst in Sicherheit zu wiegen und dann zu Fall zu bringen. 

24 Die Versuchungen des Fleisches sollten wir fürchten und vor ihnen davonlaufen, auch in Krankheit und selbst im Alter, ja, sogar solange wir unsere Augenlider öffnen und schließen können, denn der Geist der Zügellosigkeit gibt niemals, nirgendwo und keinem Menschen Pardon. 

25 Der sanfte Christus, das inkarnierte Wort, hat sich uns geschenkt, für alles, was wir brauchten, bis zum harten und schmachvollen Tod am Kreuz. 

26 Eines der wirksamsten Mittel, um uns rein zu halten, besteht darin, Mitleid mit denen zu haben, die aus Schwäche fallen und niemals zu prahlen, dass wir davon frei wären. Mit aller Demut sollten wir erkennen, dass alles, was wir haben, aus dem Erbarmen Gottes stammt. 

27 Kein Mitleid mit anderen zu haben, die gefallen sind, ist ein sicheres Zeichen, selbst bald zu fallen. 

28 Was die Reinheit angeht, besteht die größte Gefahr darin, die Gefahr nicht zu fürchten: Wenn ein Mensch sich selbst nicht misstraut und wenn er ohne Furcht ist, dann ist es aus mit ihm. 

29 Der Teufel benutzt im Allgemeinen den schwächeren Teil, wenn er uns zu Fall bringen will, das ist die Frau. 

30 Um gut anzufangen, und noch besser zu beschließen, ist es notwendig, jeden Tag die hl. Messe mitzufeiern, es sei denn, dass uns ein gerechter Grund hindert. 

31 Ein hervorragendes Mittel, um uns rein zu halten, besteht darin, so schnell wie möglich all unsere Gedanken mit aller Ehrlichkeit unserem Beichtvater offenzulegen und nichts in uns verborgen zu halten. ​ 


APRIL 

01 Um die Tugend der Reinheit zu erhalten und zu bewahren, brauchen wir einen guten und erfahrenen Beichtvater. 

02 Wer sich den ersten Platz wünscht, der soll sich auf den letzten stellen. 

03 Sobald ein Mensch fühlt, dass er versucht wird, sollte er zum Herrn fliehen und aus tiefstem Herzen jenes Stoßgebet ausrufen, das so viele Wüstenväter so hoch schätzten: „Deus in adiutorium meum intende; Domine ad adiuvandum me festina“ (O Gott, komm mir zu Hilfe, Herr, eile mir zu helfen [Ps 70,2] ) oder jenes Verslein: „Cor mundum crea in me Deus“ (Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz [Ps 51,12] ). 

04 Wenn sinnliche Gedanken kommen, muss man sich davor schützen, sie einzulassen, und sofort den Geist auf etwas ganz anderes richten. 

05 Sag niemals: „Große Dinge tun die Heiligen!“; sag vielmehr: „Große Dinge tut Gott in seinen Heiligen!“ 

06 Im Kampf gegen das Sinnliche erlangen allein Feiglinge den Sieg, also diejenigen, die fliehen. 

07 Wir müssen uns weniger um den sorgen, der der Versuchung des Fleisches widersteht, indem er die Gelegenheit vermeidet, als um den, der nicht versucht wird und daher die Gelegenheit nicht sorgsam meidet. 

08 Wenn einer sich selbst in die Gelegenheit zur Sünde begibt und sagt: „Ich werde nicht fallen, ich werde sie nicht begehen“, so ist dies ein fast unfehlbares Zeichen dafür, dass er fallen und größeren Schaden an seiner Seele erleiden wird. 

09 Es ist sehr hilfreich, oft und aus vollem Herzen zu sagen: „Herr, setze nicht das geringste Vertrauen in mich, da ich sicher fallen werde, wenn du mir nicht hilfst“; oder: „O mein Herr, erwarte nur Schlechtes von mir.“ 

10 In der Versuchung sollten wir nicht sagen: „Ich werde tun ..., ich werde sagen ...“, da dies eine Form der Überheblichkeit im Blick auf sich selbst ist. Wir sollten lieber mit Demut bekennen: „Ich weiß, was ich tun sollte, aber ich weiß nicht, was ich tun werde.“ 

11 Der Gestank der Sünde gegen die Reinheit ist vor Gott und den Engeln so groß, dass kein Gestank der Welt ihm gleich kommt. 

12 Wir dürfen nicht auf uns selbst vertrauen, sondern wir müssen uns mit unserem geistlichen Vater beraten und uns den Gebeten aller empfehlen. 

13 Wir müssen uns vor der Lüge wie vor der Pest hüten! 

14 Wenn wir zur Beichte gehen, sollten wir uns zuerst unserer schlimmsten Sünden und jener Dinge, über die wir am meisten beschämt sind, anklagen. So stürzen wir den Teufel in größere Verwirrung und tragen mehr Frucht von unserer Beichte davon. 

15 Eines der besten Mittel, um die Demut zu erlangen, ist die aufrichtige und häufige Beichte. 

16 Beim Versuch, Herr über seine schlechten Gewohnheiten zu werden, ist es von größter Wichtigkeit, nach einem Fall nicht von der Beichte abzulassen und auch beim selben Beichtvater zu bleiben. 

17 Wenn wir Sterbende besuchen, sollten wir nicht viele Worte machen, sondern ihnen lieber helfen, indem wir für sie beten. 

18 Ein Kranker sollte Gott ein Geschenk seines Willens machen. Wenn es sich jedoch zeigt, dass er für eine lange Zeit zu leiden hat, so muss er sich dem göttlichen Willen unterwerfen. 

19 Ein Kranker darf sich nicht fürchten, wenn er versucht ist, sein Vertrauen zu verlieren. Christus hat bereits für ihn gelitten und bezahlt, wenn er gesündigt hat. 

20 Ein Kranker möge sich in die Seitenwunde Jesu und seine heiligsten Wunden versenken; er soll sich nicht fürchten, sondern mannhaft kämpfen, so wird er siegreich aus seiner Krankheit hervorgehen. 

21 Der wahre Weg, in den heiligen Tugenden Fortschritte zu machen, ist die Ausdauer in heiligem Frohsinn. 

22 Die heiter Gestimmten sind im geistlichen Leben leichter zu führen als die Trübsinnigen. 

23 Diejenigen, die mit dem Ordensleben beginnen wollen, sollen sich zunächst über eine lange Zeit hin abtöten. Besonders sollen sie ihren Willen gerade in den Dingen abtöten, gegen die sie den größeren Widerwillen haben. 

24 Außergewöhnliche Traurigkeit entspringt selten einer anderen Quelle als dem Stolz. 

25 Liebe und Frohsinn oder Liebe und Demut sollten unser Motto sein. 

26 Es ist dringend notwendig, heiter zu sein, aber nicht so, dass man in einen possenreißerischen Geist verfällt. 

27 Possenreißen macht einen Menschen unfähig, von Gott mehr Heiligen Geist zu erhalten. 

28 Ja, noch mehr, es vernichtet sogar das wenige, das ein Mensch vielleicht erlangt haben mag. 

29 Bei Tisch, besonders wenn man miteinander zusammenlebt, sollten wir jede Art von Nahrung zu uns nehmen, und nicht sagen: „dieses mag ich, jenes aber mag ich nicht.“ 

30 Menschliche Sprache kann nicht die Schönheit einer Seele ausdrücken, welche im Stand der Gnade stirbt. ​ 


MAI

01 Wenn es jemandem sehr schwer fällt, Beleidigungen zu vergeben, dann schaue er auf ein Kreuz und denke daran, dass Jesus all sein Blut aus Liebe zu ihm vergossen hat, und dass er nicht nur seinen Feinden vergeben hat, sondern auch den Ewigen Vater bat, ihnen zu vergeben. 

02 Wenn jemand täglich nur das Vaterunser betet, anstatt um Vergebung für seine Sünden zu bitten, dann wird sich das bitter rächen. 

03 Die Menschen zimmern sich im Allgemeinen ihre Kreuze selbst. 

04 Konzentrieren wir uns so auf die göttliche Liebe und tauchen wir so sehr durch die Seitenwunde in den lebendigen Quell der Weisheit des menschgewordenen Gottes ein, dass wir uns selbst und die Eigenliebe versenken und niemals mehr einen Weg finden, wieder da herauszukommen. 

05 Wir dürfen unser Beten und Bitten nicht aufgeben, nur weil wir nicht sofort das erhalten haben, worum wir gebeten haben. 

Wir dürfen unser Beten und Bitten nicht aufgeben, weil wir nicht sofort all das erhalten haben, worum wir als erstes gebeten haben.

06 Wer sein Gebet nicht lange ausweiten kann, der sollte oft seinen Geist durch Stoßgebete zu Gott erheben. 

07 Wir sollen uns oft daran erinnern, dass Christus sagte, dass jener gerettet wird, der bis zum Ende aushält, nicht der, der beginnt. 

Wir sollen uns oft daran erinnern, daß Christus sagte, daß nicht der der beginnt, sondern der, der bis zum Ende aushält gerettet wird.

08 Wir sollten alles affektierte Gehabe verabscheuen, sei es im Sprechen, in der Kleidung, oder sonst in etwas. 

Wir sollten jede Art von Besonderheit, ob im Reden, in der Kleidung oder sonst irgend etwas, verabscheuen.

09 Wenn ein skrupelbeladener Mensch zu der Überzeugung kommt, dass er einer Versuchung nicht nachgegeben hat, dann darf er nicht weiter darüber nachgrübeln, um zu sehen, ob er auch wirklich völlig widerstanden hat, oder nicht, denn diese Versuchung kommt durch solche Überlegungen sehr oft zurück.

Wenn ein Skrupulant zu der Uberlegung kommt, daß er einer Versuchung nicht nachgegeben hat, dann darf er nicht weiter darüber nachgrübeln, um zu sehen, ob er wirklich widerstanden hat, oder nicht, denn die Versuchung kommt durch solche Uberlegungen sehr oft zurück.

10 Wenn man durch Skrupel belästigt wird und wissen will, ob man einer Versuchung, speziell in Gedanken, nachgegeben hat oder nicht, dann kann man das nachprüfen: Wenn man während der Versuchung zum Laster immer eine lebendige Liebe zur entgegengesetzten Tugend und einen tiefen Hass auf dieses Laster hatte, ist das im Allgemeinen ein guter Beweis, dass man nicht nachgegeben hat. 

11 Skrupulöse Menschen sollten sich immer und in allem dem Urteil ihrer Beichtväter überlassen und sich daran gewöhnen, nur Verachtung für ihre Skrupel zu haben. 

Skrupulöse Menschen sollten sich immer und in allem dem Urteil ihrer Beichtväter überlassen und sich daran gewöhnen, nur Verachtung für ihre Skrupel zu haben.

12 Skrupel sind eine Krankheit, die zwar einen Waffenstillstand mit dem Menschen schließt, aber selten Frieden. Die Demut allein vermag es, über sie zu siegen. 

13 Auch bei körperlichen Gebrechen sind die spirituellen Arzneien die hilfreichsten. 

Auch bei körperlichen Gebrechen sind die spirituellen Arzneien die hilfreichsten.

14 Genau soviel Liebe, die wir den Geschöpfen geben, stehlen wir bei dem Schöpfer. 

15 Beichtende sollten ihren Beichtvater niemals zwingen, ihnen etwas zu erlauben, wozu dieser nicht neigt. 

16 Wer auch nur den kleinsten Funken Habsucht in sich trägt, der wird niemals Fortschritte in der Tugend erzielen. 

17 Die Habsucht ist die Pest der Seele. 

18 Die Erfahrung zeigt, dass Menschen, die sich sinnlichen Sünden hingeben, leichter zu bekehren sind als solche, die habsüchtig sind. 

19 Wer Güter ersehnt, wird niemals Geist erlangen. 

20 Alle Sünden missfallen Gott im höchsten Maße, vor allem aber die Unzucht und die Habsucht, denn sie sind sehr schwer zu kurieren. 

21 Wir müssen Gott allezeit bitten, nicht den Geist der Habsucht über uns herrschen zu lassen, und dass wir allezeit losgelöst von dieser Art von Anhänglichkeit sein mögen. 

22 Wenn wir nichts in dieser Welt finden, was uns zufriedenstellt, sollten wir genau damit zufrieden sein, dass wir nichts finden. 

23 Wer Vollkommenheit erlangen möchte, darf sein Herz an überhaupt nichts klammern. 

24 Es ist gut, die Welt und unsere Besitztümer zu verlassen, um Gott zu dienen, aber es ist nicht genug. 

25 Die Größe unserer Liebe zu Gott erkennt man an der Größe des Wunsches, den ein Mensch hat, für seine Liebe zu leiden. 

26 Lasst uns nach der Reinheit des Herzens streben, denn der Heilige Geist wohnt in denen, die rein und einfach sind. 

27 Der Heilige Geist ist der Meister des Gebetes; er lässt uns in beständigem Frieden und beständiger Heiterkeit sein, die ein Vorgeschmack des Paradieses sind. 

28 Wenn uns der Heilige Geist lehren soll zu beten, so müssen wir Demut und Gehorsam praktizieren. 

29 Die Frucht, die es vom Gebet zu erlangen gilt, heißt: Tun, was dem Herrn gefällt. 

30 Ein tugendhaftes Leben besteht aus der Abtötung von Lastern, Sünden, schlechten Gedanken und üblen Neigungen und in der Übung, heilige Tugenden zu erwerben. 

31 Lasst uns demütig sein und uns selbst niedrig halten: Gehorsam – Demut – Loslösung. ​ 


JUNI 

01 Die Liebe der seligen Jungfrau Maria zu Gott war so groß, dass sie unendlich unter ihrem Wunsch nach Vereinigung mit Ihm litt. Um sie zu trösten sandte ihr deshalb der Ewige Vater seinen einzigen, geliebten Sohn. 

02 Wenn du dorthin kommen willst, wohin ich gehe, d. h. zur Herrlichkeit, dann musst du auch den gleichen Weg gehen, nämlich über Dornen. 

03 Bevor wir die hl. Kommunion empfangen, sollten wir uns in vielen tugendhaften Taten üben. 

04 Das Gebet und die Kommunion darf man nicht praktizieren und ersehnen wegen des schönen Gefühls und der Hingabe, die man darin findet. Dies würde nämlich bedeuten, sich selbst zu suchen und nicht Gott. Vielmehr sollten wir uns deshalb so oft um beides – Gebet und Kommunion – bemühen, damit wir demütig, gehorsam, sanft und geduldig werden. 

05 Wenn wir diese Eigenschaften in einem Menschen finden, dann sammelt er die Frucht des Gebetes und der Kommunion. 

06 Aus übergroßer Liebe und Freigebigkeit hat sich uns Jesus selbst im allerheiligsten Sakrament geschenkt. 

07 Alle sollen mit größtem Verlangen nach dieser Heiligen Speise zum eucharistischen Tisch hinzutreten. Sitientes! Sitientes! (Dürstend! Dürstend!). 

08 Wenn wir irgendein Missfallen verspüren, weil wir von der Kommunion zurückgewiesen wurden, so ist das ein Zeichen von Härte, von wenig Abtötung und des Stolzes. 

09 Diejenigen, die zur Kommunion gehen, sollten sich auf mehr Versuchungen als sonst vorbereiten, denn der Herr will nicht, dass jemand müßig wird. 

10 Es ist nützlich, in der Woche, die dem Tag des Kommunionempfangs folgt, etwas mehr zu tun als gewöhnlich, z.B. mit ausgebreiteten Armen fünf Vaterunser und Ave Maria, oder ein paar Rosenkränzlein zu beten. 

11 Es ist nicht gut, sich mit vielen geistlichen Übungen voll zu stopfen. Besser ist es, wenig konsequent durchzuhalten. Wenn der Teufel uns einmal dazu verführt hat, eine Übung auszulassen, dann bringt er es ganz leicht fertig, uns ein zweites und drittes Mal zu überreden, bis am Ende alle unsere frommen Übungen sich in nichts auflösen. 

12 Wir müssen sorgsam auf unsere kleinen Fehler achten. Wer einmal anfängt rückwärts zu gehen, und es sich mit solchen Schwächen leicht macht, der hat bald ein so unempfindliches Gewissen, dass alles schief geht. 

13 Der Diener Gottes sollte nach Wissen streben, aber niemals zu dem Zweck, es zur Schau zu stellen oder sich zu rühmen. 

14 Wir sollten immer mit Aufrichtigkeit zur Beichte gehen und es uns zur Regel machen, niemals aus menschlicher Rücksicht irgendetwas vor unserem Beichtvater geheim zu halten, wie belanglos es auch erscheinen mag. 

15 Wer schwere Sünden bei der Beichte verheimlicht, der ist voll und ganz in der Hand des Teufels. 

16 Im Allgemeinen sollte niemand seinen Beichtvater wechseln, noch sollten Beichtväter vorschnell die Beichtkinder anderer akzeptieren, Sonderfälle natürlich ausgenommen. 

17 Sollte ein Mensch, der lange Zeit schon ein geistliches Leben führt, einen ernsthaften Fehler begehen, dann gibt es keinen besseren Weg, ihn wieder aufzurichten, als ihn zu ermahnen, seinen Fehler einem Menschen von gutem Lebenswandel, in den er besonderes Vertrauen hat, zu offenbaren: Denn durch diese seine Demut wird ihn Gott zu seinem früheren Stand zurückführen. 

18 Damit junge Menschen Ausdauer im geistlichen Leben haben, ist es genauso notwendig, dass sie Schlechtes meiden, wie dass sie gute Gesellschaft suchen. 

19 Im geistlichen Leben gibt es drei Stufen: Die erste mag das „animalische Leben“ genannt werden. Auf dieser Stufe befinden sich jene, die eine Frömmigkeit üben, die die Sinne erfasst. Gott gibt sie gewöhnlich den Anfängern, um sie durch diesen Anreiz auf dem geistlichen Weg voranzubringen, so wie ein Tier sich von einem sinnlichen Reiz locken lässt. 

20 Die zweite Stufe kann das „menschliche Leben“ genannt werden. Dies ist das Leben jener, die keinerlei sinnliche Süßigkeit erfahren, aber durch die Hilfe der Tugend ihre eigenen Leidenschaften besiegen. 

21 Die dritte Stufe mag „engelgleiches Leben“ genannt werden. Jene, die sich lange Zeit bemühen, ihre Leidenschaften zu bekämpfen, erhalten von Gott ein ruhiges, stilles, ja, fast ein engelgleiches Leben und spüren weder Mühsal noch Überdruss wegen irgendetwas. 

22 Was diese drei Stufen angeht, so muss man besonders auf der zweiten Stufe Ausdauer haben, weil der Herr zu seiner Zeit dann den Aufstieg zur dritten Stufe schenkt. 

23 Jungen Leuten, die sehr fromm sind, soll man nicht allzu schnell vertrauen. Sie sollen zuerst flügge werden, dann erst sieht man, wie sie fliegen. 

24 Äußerliche Demütigungen sind sehr hilfreich, um innere Abtötung und andere Tugenden zu erlangen. 

25 Wer nicht fähig ist, den Verlust seiner Ehre zu ertragen, kann keinen geistlichen Fortschritt machen. 

26 Im Allgemeinen ist es besser, dem Körper etwas mehr, als zu wenig Nahrung zu geben. Ein Zuviel kann leicht abgebaut werden, aber das Zuwenig zerstört seine Konstitution, und dies lässt sich nicht so leicht wieder in Ordnung bringen. 

27 Der Teufel ist so verschlagen, dass er geistliche Menschen manchmal zu Bußübungen und Abtötungen antreibt, damit sie sich durch solche unklugen Übertreibungen so schwächen, dass sie nicht mehr fähig sind, wirklich fruchtbare Werke in Angriff zu nehmen. Oder sie werden durch die Krankheit, die sie selbst verursacht haben, so abgeschreckt, dass sie ihre gewöhnlichen Frömmigkeitsübungen aufgeben und dem Dienst Gottes den Rücken kehren. 

28 Wer der Abtötung seines Körpers nur geringe Aufmerksamkeit schenkt und sein Hauptaugenmerk konsequent auf die Abtötung des Willens und des Verstandes richtet, ist höher zu schätzen als diejenigen, die ausschließlich in körperlichen Bußübungen und Kasteiungen aufgehen. 

29 Es ist notwendig, zu ersehnen im Dienst Gottes große Dinge zu tun und uns nicht mit einer mittelmäßigen Güte zufrieden zu geben. Wenn möglich, sollten wir sogar versuchen, St. Peter und St. Paul in Heiligkeit und Liebe zu übertreffen. 

30 Auch wenn man einen solchen Grad der Heiligkeit nicht erreichen kann, sollte man ihn dennoch ersehnen. So erreicht man zumindest in seiner Sehnsucht das, was man in seinem Wirken nicht schaffen kann. ​ 


JULI 

01 Wir sollten keinen Wert auf Abstinenzen und Fasten legen, wenn Eigenwille im Spiel ist. 

02 Die Mutter Gottes teilt alle Gnaden aus, welche die Güte Gottes den Söhnen Adams gewährt. 

03 Wenn wir Rat suchen, ist es manchmal notwendig, darauf zu hören, was unsere Untergebenen denken, und sich ihrem Gebet zu empfehlen. 

04 Ein Mensch sollte weder im Scherz, noch im Ernst je ein Wort zu seinem eigenen Lob verlieren. 

05 Wann immer wir ein gutes Werk vollbringen und ein anderer für sich die Anerkennung erntet, sollten wir uns freuen und dies als Geschenk Gottes auffassen. Jedenfalls sollten wir nicht traurig sein, denn wenn andere sich den Ruhm vor den Menschen herausnehmen, werden wir es von Gott mit umso größerer Ehre wiedererlangen. 

06 Lasst uns Gott bitten, dass wenn er uns Tugenden oder Gaben gewährt, sie auch vor uns selbst verborgen hält, damit unsere Demut erhalten bleibt und wir nicht ihretwegen die Gelegenheit zum Stolz ergreifen. 

07 Wir sollten die Eingebungen, die Gott uns sendet, oder die Gnaden, die er uns gewährt, nicht in die Öffentlichkeit tragen oder sie irgendjemand offenbaren („Secretum meum mihi!“ – „Mein Geheimnis gehört mir!“). 

08 Um jedes Risiko von Ruhmsucht zu vermeiden, sollten wir einige unserer privaten Frömmigkeitsübungen in unseren eigenen Räumen halten und auf öffentlichen Plätzen niemals nach inneren Freuden und geistlichen Tröstungen Ausschau halten. 

09 Die wahre Medizin, uns vom Hochmut zu heilen, ist, uns selbst niedrig zu halten und der Überheblichkeit des Geistes entgegenzutreten. 

10 Wenn ein Mensch wegen irgend etwas getadelt wird, sollte er es sich nicht allzusehr zu Herzen nehmen, da wir oft einen größeren Fehler durch die Traurigkeit begehen als durch die Sünde, wegen der wir getadelt werden. 

11 Wer meint, er sei irgend etwas Besonderes, nur weil er ein bisschen Geist besitzt, taugt zu nichts anderem, als dass man über ihn lacht. 

12 Die Demut ist die wahre Wächterin der Reinheit. 

13 Wenn jemand zu Fall gekommen ist, sollte er sich dies mit folgenden oder ähnlichen Worten vor Augen halten: „Wäre ich demütig gewesen, wäre ich nicht gefallen.“ 

14 Es sollte uns Freude machen zu hören, dass andere im Dienst Gottes Fortschritte machen, besonders wenn es unsere Verwandten oder Freunde sind; und wir sollten uns darüber freuen, wenn sie an jedem geistlichen Gut teilhaben, dass wir selbst besitzen. 

15 Um beim Krankenbesuch dies mit größerem Nutzen für die Seele zu tun, sollten wir uns vorstellen, dass wir das, was wir für die Kranken tun, für Christus selbst tun. So werden wir diese Übung mit Liebe und größerem geistlichen Gewinn ausführen. 

16 Wem es die Gesundheit nicht erlaubt, zu Ehren Christi und der Gottesmutter zu fasten, der wird ihnen viel besser gefallen, falls er es kann, wenn er etwas Almosen zusätzlich zu dem gewöhnlichen gibt. 

17 Für Anfänger im spirituellen Leben gibt es nichts Gefährlicheres, als den Wunsch, den Meister zu spielen und andere führen und bekehren zu wollen. 

18 Anfänger sollten sich um ihre eigene Bekehrung kümmern und demütig sein, damit sie sich nicht einbilden, sie hätten irgend etwas getan und so in Hochmut geraten. 

19 Um unserem Nächsten zu helfen, dürfen wir weder Ort, noch Zeit, noch Stunde für uns selbst vorbehalten. 

20 Vermeide jede Ausgefallenheit, denn sie ist im Allgemeinen das Mistbeet für den Hochmut, besonders für den geistlichen Hochmut. 

21 Ein Mensch darf sich nicht davon abhalten lassen ein gutes Werk zu tun, nur um der Versuchung der Ruhmsucht zu entgehen. 

22 Die Liebe Gottes führt uns dazu, große Dinge zu tun. 

23 Wir können drei Arten von Ruhmsucht unterscheiden: Die erste könnte man „Meisterin“ nennen. Sie geht dem guten Werk voraus und ist das Ziel, um dessentwillen man das Gute tut. Die zweite: „Gefährtin“. Jemand tut das Gute nicht zum Zweck der Ruhmsucht, aber die Selbstzufriedenheit gesellt sich bei der Erledigung der guten Tat dazu. Die dritte: „Dienerin“. Wenn man Gutes tut und dabei die Ruhmsucht aufsteigen fühlt, dann unterdrückt man sie sofort, damit sie nicht die Oberhand gewinnt. Über allen Dingen, lass die Ruhmsucht niemals Meisterin sein. 

24 Wenn die Ruhmsucht „Gefährtin“ ist, sich beim Tun des Guten bemerkbar macht, dann zerstört sie nicht. Aber nur als „Dienerin“ ist das Gute vollkommen. 

25 Derjenige, der rein für den Ruhm Gottes arbeitet, wünscht nichts anderes, als Seine Ehre. Deshalb ist er bereit, in allem zu handeln, oder auch nicht zu handeln. Nicht nur in weniger bedeutsamen Angelegenheiten, sondern auch in den guten. Und er ist immer in Gottes Willen ergeben. 

26 Der Herr schenkt in einem Moment das, was wir jahrzehntelang nicht erhalten konnten. 

27 Vier Dinge sind nötig, um vollkommen die Gabe der Demut zu erlangen: Die Welt verachten, aber keinen Menschen verachten; sich selbst verachten, aber gleichzeitig verachten, von anderen verachtet zu werden. 

28 Die Vollkommenheit besteht darin, den eigenen Willen gefangen zu halten und zu beherrschen. 

29 Ein Mensch sollte seinen Verstand schon in kleinen Dingen abtöten, wenn er ihn leicht in großen Angelegenheiten abzutöten wünscht und auf dem Weg der Tugend fortschreiten will. 

30 Ohne Abtötung kann nichts getan werden. 

31 Wir sollten die Verherrlichung Gottes erhoffen und lieben, mittels eines guten Lebens. ​ 


AUGUST

01 Der hl. Petrus, die anderen Apostel und apostolischen Menschen sahen, dass Gottes Sohn in Armut geboren wurde, dass er lebte, ohne irgendetwas zu besitzen, und dass er nicht einmal einen Ort hatte, wo er sein Haupt ausruhen konnte. Als sie ihn dann von allem entblößt tot am Kreuz hängen sahen, legten auch sie alles ab und machten sich auf den Weg der evangelischen Räte. 

02 Nichts bringt die Seele schneller zur Einheit mit Gott oder führt schneller zur Verachtung der Welt als gebeutelt und von Sorgen bekümmert zu sein. 

03 In diesem Leben gibt es kein Fegfeuer (Purgatorium). Entweder ist es Hölle oder Paradies. Denn für den, der Gott wahrhaftig dient, führt jede Schwierigkeit und jede Krankheit zu Tröstungen. Trotz und durch alle Arten von Schwierigkeiten hat er innerlich das Paradies schon in dieser Welt in sich. Wer aber das Gegenteil tut und sich der Sinnlichkeit überlässt, der hat die Hölle in dieser Welt und in der anderen. 

04 Um von der Lektüre der Heiligenleben oder anderer spiritueller Bücher zu profitieren, sollten wir sie nicht aus Neugier lesen oder sie nur oberflächlich überfliegen. Besser ist es, sie mit Pausen zu lesen. Fühlen wir uns durch die Lektüre innerlich entflammt, soll man nicht gleich weiterlesen, sondern anhalten und sich vom Geist leiten lassen. Und wenn diese Empfindung vorbei ist, dann soll man erst fortfahren. 

05 Zu einem guten Anfang und einem guten Ende gehört unabdingbar die Hingabe an die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria. 

06 Wir haben keine Zeit zu verschlafen, denn das Paradies ist nicht für Faulpelze gemacht. 

07 Wir müssen Vertrauen in Gott haben, der ist, was er immer war, und wir dürfen uns nicht entmutigen lassen, wenn Dinge gegen uns entschieden werden. 

08 Die Menschen sollten nicht aus einem guten Lebensstand in einen anderen wechseln, auch wenn er besser erscheinen mag, ohne vorher guten Rat einzuholen. 

09 Jeder bleibe in seinem Haus, d.h. innerlich bei sich selbst und denke über seine Taten nach und nicht gehe man heraus, um die anderen zu prüfen und zu erforschen. 

10 Die wirklichen Diener Gottes ertragen das Leben und wünschen den Tod. 

11 Es gibt keine schönere Sache, als aus der Not eine Tugend zu machen. 

12 Mitten in Krankheit und Schwierigkeiten die Heiterkeit zu bewahren, ist ein Zeichen von gutem Geist. 

13 Ein Mensch sollte niemals Prüfungen von Gott erbitten in der Anmaßung, sie tragen zu können: Es reicht schon aus und ist sogar die größte Sache, wenn man das tragen kann, was Gott einem täglich schickt. 

14 Wer Gott schon eine lange Zeit dient, kann sich in seinen Gebeten alle Arten von Beleidigungen, wie Schläge, Wunden und ähnliches, vorstellen, und mit großer Liebe soll er, um so Christus in seiner Güte nachzuahmen, sein Herz vorbereiten, damit er wirklich den Angreifern vergeben kann, wenn Beleidigungen kommen. 

15 Lasst uns an Maria denken, da sie jene erhabene Jungfrau ist, jene glorreiche Frau, die Ihn empfing und hervorbrachte, ohne Minderung ihrer Jungfräulichkeit, Ihn, den die Weite des Himmels nicht fassen kann. 

16 Der wahre Diener Gottes kennt keine andere Heimat als den Himmel. 

17 Wenn Gott einer Seele außergewöhnliche Freude schenkt, sollte sich der Mensch für eine ernste Prüfung oder Versuchung rüsten. 

18 Wenn wir diese außergewöhnliche Freude empfinden, sollten wir Gott um Stärke bitten, das zu tragen, was immer er uns schicken will und dann sehr auf der Hut sein, weil darin die Gefahr der Sünde liegt. 

19 Um die Beharrlichkeit zu erwerben ist das beste Mittel die Unterscheidung, denn man muss nicht alles an einem Tag erledigen oder in vier Tagen ein Heiliger werden. 

20 Mit unserer Kleidung sollten wir es so halten wie der hl. Bernhard: Die Einfachheit lieben, nicht aber den Schmutz. 

21 Wer in der Spiritualität Fortschritte erzielen will, soll nicht leichtsinnig über seine Mängel hinweggehen. Er soll, unabhängig von der Beichte, ständig sein Gewissen prüfen. 

22 Man soll sich nicht so sehr an die Mittel klammern, dass man darüber das Ziel vergisst. Es nützt nichts, sich um die körperliche Selbstbeherrschung zu kümmern, wenn man den Verstand nicht im Zaum hält, was die vordringlichste Aufgabe ist. 

23 Wir sollten uns die Tugenden der Prälaten, Kardinäle und Päpste wünschen, nicht aber ihre Stellung. 

24 Die Haut unserer Eigenliebe klebt ganz fest auf unserem Herzen und es tut sehr weh, sie zu entfernen. Je mehr wir an das Lebendige rühren, umso empfindlicher und schwieriger wird es. 

25 Diesen ersten Schritt, den wir immer schon tun wollten, haben wir nur im Sinn, aber noch nie in die Tat umgesetzt. 

26 Ein Mensch sollte seine guten Vorsätze in die Tat umsetzen und sie nicht immer wieder leichtfertig wechseln. 

27 Wir sollen unsere eigenen Frömmigkeitsübungen – z.B. an einem bestimmten Tag zur Beichte zu gehen und die hl. Messe an Werktagen mitzufeiern – nicht aus einem geringfügigen Grund, der uns gerade über den Weg läuft, aufgeben. Wenn wir ausgehen oder etwas Ähnliches tun wollen, lasst uns zunächst beichten und unsere gewöhnlichen Übungen beenden und dann gehen. 

28 Wer mit der Verkündigung des Wortes Gottes beauftragt ist oder wer sich dem Gebet widmet, für den ist es sehr nützlich die Bücher zu lesen, die mit einem „S“ beginnen, wie St. Augustinus, St. Bernhard ... 

29 Es gibt nichts Ruhmreicheres für einen Christen, als für Christus zu leiden. 

30 Es gibt keinen sichereren und klareren Beweis für die Liebe Gottes als Widerwertigkeiten. 

31 Wenn Gott beabsichtigt, jemandem eine besondere Tugend zu gewähren, ist es seine Art zuzulassen, dass er zuerst durch das entgegengesetzte Laster versucht wird. ​ 


SEPTEMBER 

01 Menschen, die in der Welt leben, sollten beständig zur Kirche kommen, um Predigten zu hören, und nicht vergessen, geistliche Bücher zu lesen, besonders das Leben der Heiligen. 

02 Wenn eine Versuchung kommt, sollte man sich an die Freuden erinnern, die man zu anderen Zeiten im Gebet fand. So wird man leicht Herr über die Versuchung werden. 

03 Der Gebetsgeist ist am Anfang sehr groß. Später jedoch, wenn der Herr so tut, als ob er weitergehen wolle, dann heißt es fest stehen und nicht verwirrt sein. Denn Gott zieht in solch einem Augenblick seine heilige Hand weg, um zu sehen, ob wir stark sind. Und dann, wenn wir standhalten und diese Widerwärtigkeiten und Versuchungen überwinden, kehren seine Freude und seine himmlischen Tröstungen zurück. 

04 Wir sollten unseren Sinn darauf richten, Tugend zu erlangen, weil am Ende alles in größerer Freude endet als am Anfang und der Herr uns alle Freuden und Tröstungen doppelt zurückgibt. 

05 Es ist leicht, jemanden in kürzester Zeit zu glühender Hingabe zu bewegen. Aber wirklich wichtig ist es, ausdauernd zu sein. 

06 Wer beständig in Zorn, Streit und in Bitterkeit lebt, hat einen Vorgeschmack der Hölle. 

07 Um die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria in unseren dringendsten Nöten zu erhalten, hilft es sehr nach Art eines Rosenkranzes dreiundsechzig mal zu sagen: „Jungfrau Maria, Mutter Gottes, bitte Jesus für mich.“ 

08 Wenn wir diese Bitte zu unserer allerseligsten Jungfrau sprechen, geben wir ihr mit ganz wenigen Worten das größtmögliche Lob: Denn wir rufen sie bei ihrem Namen Maria und nennen sie mit ihren beiden so großen Titeln: Jungfrau und Mutter Gottes; dann nennen wir Jesus, die Frucht ihres reinen Schoßes. 

09 Die Dinge dieser Weit bleiben nicht immer bei uns. Wenn wir sie nicht verlassen noch bevor wir wirklich sterben, werden wir spätestens im Tod mit so leeren Händen dastehen, wie wir gekommen sind. 

10 Um gut zu beten, braucht es den ganzen Menschen. 

11 Die Geißelung und ähnliche Praktiken sollten nicht ohne die Erlaubnis unseres Beichtvaters angewandt werden. Wer es aus eigenem Antrieb tut, wird entweder seine Gesundheit ruinieren oder stolz werden, weil er sich einbildet, irgendetwas Großartiges getan zu haben. 

12 Gott hat ein besonderes Vergnügen an der Demut dessen, der glaubt, noch nicht einmal angefangen zu haben, Gutes zu tun. 

13 Bevor wir zur Beichte gehen oder Rat bei unserem geistlichen Vater holen, sollten wir darum beten, eines Tages wirklich gut zu sein. 

14 Wer vor einem Kreuz davonläuft, wird unterwegs ein noch größeres finden. 

15 Christus starb für die Sünder. Fasst deshalb Mut und hofft, dass das Paradies euer ist, vorausgesetzt, dass ihr eure Sünden bereut und Gutes tut. 

16 Bewahre einen kranken Menschen davor, selbst mit dem Teufel zu disputieren, sonst wird er unvermeidlich von ihm aufgesogen. Er soll sich an seinen geistlichen Vater wenden, vor dem der Teufel eine große Angst hat. 

17 Wer Gott dient, muss sich darum bemühen, soviel wie er kann, dass er nicht den Lohn für seine Werke schon in dieser Welt erhält. 

18 Wenn wir den Armen Almosen geben, dann müssen wir als gute Diener der göttlichen Vorsehung handeln. 

19 Wer feststellt, dass er habsüchtig geworden ist, der soll nicht über Gebühr fasten, sondern Almosen geben. 

20 Die Vollkommenheit kann nicht ohne die größte Anstrengung erreicht werden. 

21 Sobald wir merken, dass wir von dem schmutzigen Gewand der Habsucht befreit sind, werden wir bekleidet mit dem königlichen und herrlichen Gewand der entgegengesetzten Tugend, der Freigebigkeit. 

22 Sogar mitten im Trubel können wir zur Vollkommenheit gelangen. 

23 Nicht alles, was an sich besser ist, ist auch für jeden geeignet. 

24 Pflege eine innige Beziehung zur Muttergottes, bewahre dich vor der Sünde und Gott wird dich von allem Übel befreien. 

25 Wenn wir Frieden mit unseren Nächsten haben wollen, sollten wir ihnen nicht ihre natürlichen Fehler vorhalten. 

26 Wir müssen manchmal die kleinen Fehler anderer ertragen, so wie wir gegen unseren eigenen Willen mit unseren natürlichen Fehlern in uns leben müssen. 

27 Menschen von Rang sollten sich wie ihresgleichen kleiden und auch durch ihre Diener begleiten lassen, so wie es ihre Stellung verlangt. Sie sollten bei allem aber bescheiden bleiben. 

28 Wir sollen nicht schnell bereit sein, andere zu korrigieren, sondern wir müssen zuerst uns selbst betrachten. 

29 Lasst uns daran denken, wie leicht und schön es einst im Himmel sein wird und welche Freude wir haben werden, mit den Engeln und allen anderen Seligen immer zu singen: Sanctus, Sanctus, Sanctus. 

30 Der beste Weg, um sich auf den Tod vorzubereiten, besteht darin, jeden Tag so zu leben, als wäre es unser letzter. ​ 


OKTOBER 

01 Wenn jemand von einem schlechten in einen guten Lebensstand wechselt, braucht er keinen Rat. Wer aber von einem guten in einen noch besseren Lebensstand überwechseln will, braucht Zeit, Rat und Gebet. 

02 Wir sollen den Herrn beständig um die Bekehrung der Sünder bitten, eingedenk der Freude, die im Himmel bei Gott und den Engeln herrscht über die Bekehrung jedes einzelnen Sünders. 

03 Ohne Grund von uns selbst zu reden, indem wir etwa sagen: „Ich habe gesagt ...“ oder „Ich habe getan ...“ macht uns unfähig, geistlichen Trost zu erlangen. 

04 Wir sollten uns wünschen, so weit zu kommen, dass wir einen Groschen brauchen, und ihn nicht bekommen können. 

05 Lasst uns Gold, Silber, Juwelen und all das, was die blinde und irregeleitete Welt vergeblich und unwissend schätzt, verachten. 

06 Lasst uns lernen, Gott hier auf Erden das Bekenntnis unseres Lobes darzubringen, welches wir hoffen, ihm dann auch dort im Himmel darzubringen. 

07 Wer ins Paradies eingehen will, muss ein guter Mensch und ein guter Christ sein. Er darf sich keinen Träumereien hingeben. 

08 Ein Familienvater oder eine -mutter sollten ihre Kinder tugendhaft aufziehen und in ihnen mehr die Kinder Gottes als ihre eigenen Kinder sehen. Sie sollten Leben, Gesundheit und all ihren Besitz als Leihgabe Gottes ansehen. 

09 Wenn wir das Vaterunser beten, sollten wir uns vor Augen führen, dass wir Gott als unseren Vater im Himmel haben. So können wir Wort für Wort fortfahren, dieses Gebet zu betrachten. 

10 Um uns von den Dingen dieser Welt zu lösen, ist es gut, ernsthaft über ihr Ende nachzudenken und uns zu sagen: „Und dann? Und dann?“ 

11 Da der Teufel ein sehr hochmütiger Geist ist, wird er am besten durch die Demut des Herzens besiegt und durch ein einfaches, klares und unverhülltes Bekenntnis unserer Sünden und Versuchungen gegenüber unserem Beichtvater. 

12 Wir sollten Prophezeiungen gewöhnlich weder Glauben schenken, noch sie uns wünschen, weil es möglich ist, dass hierin viele Täuschungen und Schlingen des Teufels liegen. 

13 Wenn wir sehen, dass ein anderer seinem Nächsten irgendetwas geistlich Gutes tut, ist es höchst nützlich, im Gebet darum zu bitten, an demselben Gut teilzuhaben, welches der Herr durch die Hand von anderen wirkt. 

14 Bei der hl. Kommunion sollten wir um Hilfe gegen den Fehler bitten, zu dem wir am meisten hinneigen. 

15 Für den, der Gott wahrhaft liebt, gibt es nichts Schlimmeres, als nicht für ihn leiden zu können. 

16 Wir sollten niemand hassen, denn wo keine Liebe zum Nächsten herrscht, da ist auch Gott nicht. 

17 Wir müssen den eigenen Tod und den unserer Angehörigen annehmen, wann immer ihn uns Gott sendet, und ihn nicht für einen anderen Zeitpunkt ersehnen. Es ist manchmal notwendig zum Heil unserer und ihrer Seelen, dass er genau zu jenem bestimmten Zeitpunkt kommt. 

18 Die Vollkommenheit eines Christen besteht darin, zu wissen, wie er sich aus Liebe zu Christus abtöten kann. 

19 Wer sich Ekstasen und Visionen wünscht, weiß nicht, was er sich wünscht. 

20 All jene, die Visionen, Träumen und Ähnlichem nachlaufen, gehören bei den Füßen gepackt und mit Gewalt auf die Erde zurückgeholt, damit sie dem Teufel nicht ins Netz gehen. 

21 Nach den Weisungen der Väter und der alten Mönche darf jeder, der auf dem Weg der Vollkommenheit vorankommen will, der Welt keine Wertschätzung einräumen. 

22 Nichts missfällt Gott mehr, als unsere wichtigtuerische Aufgeblasenheit. 

23 Wenn ein Mensch weiß, wie er seinen Eigenwillen bändigen und der Seele ihre Gelüste versagen kann, hat er ein hohes Maß an Tugend erreicht. 

24 Wenn jemand körperlich krank wird, sollte er auf seinem Krankenlager denken und sprechen: „Gott hat mir diese Krankheit geschickt, weil er etwas von mir will. Ich muss deshalb in mich gehen, um mein Leben zu ändern und besser zu werden.“ 

25 Wenn jemand eine Prüfung, die ihm von Gott gesandt ist, erleidet und dabei keine Geduld hat, sollten wir ihm sagen: „Du bist nicht wert, dass Gott dich besucht. Du verdienst soviel Gutes nicht.“ 

26 Armut und Schwierigkeiten werden uns von Gott gesandt, um unsere Treue und Tugend zu prüfen, um uns dann mit den wahren und bleibenden Gütern des Himmels zu beschenken. 

27 Da Skrupel das Herz beunruhigen und schwermütig machen, sollte alles versucht werden, ihnen zu entfliehen. 

28 Werfen wir uns in die Arme Gottes und seien wir gewiss: Wenn er etwas von uns will, wird er uns in alle dem, wo er uns verwenden will, zu Guten machen. 

29 Nichts hilft dem Menschen mehr als das Gebet. 

30 Müßiggang ist eine Pest für den Christen. Deshalb sollten wir immer etwas zu tun haben, besonders wenn wir alleine auf unserem Zimmer sind, damit uns der Teufel nicht müßig findet. 

31 Wir sollten immer auf der Hut sein und niemals auf uns selbst vertrauen, denn der Teufel fällt uns plötzlich an und verdunkelt unseren Verstand. Wer nicht auf der Hut ist, wird überwältigt, weil ihm die Hilfe des Herrn fehlt. ​ 


NOVEMBER 

01 Das einzig Wichtige ist heilig zu werden. 

02 Um ins Paradies zu gelangen, müssen wir von unseren Sünden befreit und geläutert sein. 

03 Die jungen Menschen sollen auf das Fleisch achten, die Alten auf den Geiz, dann werden wir alle miteinander Heilige sein. 

04 Wo es keine große Abtötung gibt, dort gibt es auch keine große Heiligkeit. 

05 Die Heiligkeit eines Menschen liegt in Drei-FingersBreite (dabei berührte Philipp seine Stirn), d.h. in der Abtötung der Vernünftelei, welche gerne über alle Dinge nachgrübelt. 

06 Wer wirklich ein Heiliger werden will, darf sich niemals, außer in wenigen Fällen, rechtfertigen, sondern muss sich immer im Unrecht fühlen, auch wenn das, weswegen er korrigiert wurde, nicht wahr ist. 

07 Was wir von den Tugenden der Heiligen wissen, ist eigentlich der kleinste Teil. 

08 Die Reliquien der Heiligen sollen verehrt werden und können löblich in unserem Zimmer aufbewahrt werden. Es ist jedoch in der Regel nicht gut, sie bei uns zu tragen, weil es dann oft geschehen kann, dass sie nicht mit dem notwendigen Respekt behandelt werden. 

09 Die alten Patriarchen waren reich, hatten Frauen und Kinder, zogen aber ihres Weges, ohne sich mit der Neigung zu diesen Dingen zu beflecken. Alles, was sie besaßen, gebrauchten sie nur und waren immer bereit, all das aufzugeben, wenn die Majestät Gottes es von ihnen verlangte. 

10 Wir sollten den Herrn inständig darum bitten, das Licht und die Glut seiner Güte täglich in uns zu vermehren. 

11 Es ist ein alter Brauch derer, die Gott dienen, stets einige kleine Gebete bereitzuhalten, die sie während des Tages häufig wie Pfeile zu Gott emporschießen. So erheben sie ihren Geist aus dem Schmutz dieser Welt zu Gott. Wer diesen Rat annimmt, wird mit wenig Mühe große Frucht daraus erlangen. 

12 Wenn wir geduldig aus Liebe zum Herrn Schwierigkeiten ertragen, schmecken sie am Anfang zwar bitter, werden aber süß, wenn wir uns einmal an den Geschmack gewöhnt haben. 

13 Ein Mensch, der Gott mit aufrichtigem Herzen liebt und ihn über alles schätzt, vergießt beim Gebet manchmal Ströme von Tränen und eine solche Fülle von Gnaden und geistlichen Empfindungen stürzt über ihn herein, dass er ausrufen muss: „Herr, lass es genug sein!“ 

14 Man darf nicht mit Gewalt die geistlichen Freuden und hingebungsvollen Empfindungen suchen, weil man leicht vom Teufel getäuscht wird und die Gesundheit in Gefahr kommt. 

15 Wenn die Seele ergeben in den Händen Gottes ruht und Frieden im göttlichen Wohlgefallen hat, ist sie in den besten Händen und es ist sicher, dass ihr nur Gutes geschieht. 

16 Mit dem göttlichen Wohlgefallen gleichförmig sein und sich ihm anvertrauen, das ist der wahre Weg, auf dem wir uns nicht verirren können und der uns dazu führt, jenen Frieden zu genießen und sich daran zu freuen, den die irdischen und sinnlichen Menschen nicht erkennen können. 

17 Für einen Kranken ist es das Beste, sich ganz Gott zu überlassen und zu sagen: „Herr, wenn du mich willst, hier bin ich. Auch wenn ich niemals etwas Gutes getan habe, tu mit mir, was dir gefällt.“ 

18 Mach niemals irgendein Geräusch in der Kirche, außer wenn es unbedingt nötig ist. 

19 Für einen, der Gott dienen will, ist Geduld wesentlich. In Trübsal soll er sich nicht ängstigen, sondern auf Trost warten. 

20 Wenn jemand, der in der Welt lebt, seinen Stand gefunden hat, dann soll er in ihm bleiben und seine Frömmigkeitsübungen, die er einmal begonnen hat, beibehalten und vor allem seine Werke der Nächstenliebe. Auf diese Weise findet er Zufriedenheit, wenn es ans Sterben geht. 

21 Die Berufung zum Ordensleben ist eine der größten Wohltaten, welche die Mutter Gottes von ihrem Sohn für die erlangt, die sie verehren. 

22 Nichts ist gefährlicher im geistlichen Leben, als uns selbst nach eigenem Gutdünken leiten zu wollen. 

23 Zu den Dingen, um die wir Gott bitten sollen, gehört die Ausdauer in guten Taten und im guten Dienst für den Herrn. Denn, wenn wir Geduld haben und in dem guten Leben ausharren, das wir begonnen haben, werden wir sehr viel Geist erlangen. 

24 In der Schule Christi ist der vollkommen, der es verachtet, wenn er verachtet wird, der noch froh ist, wenn man ihn gering schätzt, und der sich selbst für absolut nichtig hält. 

25 Der Weg, den Gott einschlägt mit den Seelen, die er liebt, indem er zulässt, dass sie versucht werden und in Drangsale fallen, ist die wahre Hochzeit zwischen ihm und den Seelen. 

26 In Versuchungen des Fleisches sollte ein Christ sofort bei Gott Zuflucht suchen, dreimal das Kreuz über sein Herz zeichnen und ausrufen: „Christus, Sohn Gottes, hab Erbarmen mit mir!“ 

27 Was die Versuchungen angeht, so meistert man einige, indem man vor ihnen flieht, andere, indem man ihnen widersteht, wieder andere, indem man sie verachtet. 

28 Um Klugheit und Urteilsfähigkeit zu erlangen, müssen wir lange gelebt haben und mit vielen Menschen vertraut sein. 

29 Das Herz hat eine große Vollkommenheit erlangt, wenn es maßvoll ist und nicht die Grenzen des Anstands überschreitet. 

30 Wir müssen Christus dort suchen, wo er nicht ist, in Kreuz und Drangsal; denn dort ist er jetzt wahrhaftig nicht mehr. Jedoch werden wir ihn auf diesem Weg in seiner Herrlichkeit finden. ​ 


DEZEMBER 

01 Die häufige Beichte bewirkt viel Gutes in der Seele, weil sie sie reinigt, heilt und im Dienst Gottes bestärkt. Es gibt keinen ausreichenden Grund, aus dem wir unseren festgesetzten Beichttermin aufgeben sollten. Zunächst sollten wir zur Beichte gehen und dann mit unseren Geschäften beginnen, die mit dieser Hilfe noch besser zu bewerkstelligen sind. 

02 Wenn wir zur Beichte gehen, sollten wir überzeugt sein, in unserem Beichtvater Christus zu finden. 

03 Gib mir zehn Menschen, die wirklich losgelöst sind, und ich habe die Stirn zu behaupten, ich könnte die ganze Welt mit ihnen bekehren. 

04 Wer oft die hl. Kommunion empfängt, wie es gut ist, der bringt gute Frucht hervor: die Frucht der Demut, der Geduld und aller anderen Tugenden. 

05 Wer zur Beichte geht, sollte dies nicht aus vergänglichen Gründen tun, um z.B. Almosen o.ä. zu bekommen. 

06 Wir sollten schamlosen Menschen keine Aufmerksamkeit schenken, ungeachtet der Tugenden, die sie haben mögen. 

07 Der Heilige Geist sagt von den Prälaten und Vorgesetzten: Wer auf seine Oberen hört und ihnen gehorcht, hört und gehorcht mir. Wer sie aber verachtet, verachtet mich und ist mir ungehorsam. 

08 Wer Gott dient und sicher durch alle Fallstricke auf seinem Weg kommen will, sollte immer die seligste Jungfrau als Fürsprecherin bei ihrem Sohn haben. 

09 Der Kranke darf sich ruhig wünschen gesund zu werden, vorausgesetzt, er besiegelt seinen Wunsch mit einem: „Wenn es Gott gefällt“, oder „Wenn es gut für meine Seele ist“. Wir können nämlich viele gute Dinge tun, wenn wir gesund sind, von denen uns aber die Krankheit abhält. 

10 In Krankheit sollten wir den Herrn um Geduld bitten, weil es häufig passiert, dass ein Mensch nach seiner Genesung, nicht nur das Gute nicht tut, das er sich auf dem Krankenlager vorgenommen hat, sondern seine Sünden und seine Undankbarkeit noch vervielfacht. 

11 Der Maulwurf ist eine blinde Maus, die immer in der Erde steckt. Er verschleudert und gräbt Erde und bekommt nie genug Erde. So ist ein habsüchtiger Mann oder eine habsüchtige Frau. 

12 Büßer sollten niemals Gelübde ohne den Rat des geistlichen Vaters machen. 

13 Wenn wir solche Gelübde machen, sollten wir sie am besten bedingungsweise machen. Z.B.: Ich stifte zwei Messen am Tag der hl. Lucia unter der Voraussetzung, dass ich es kann und mich daran erinnere. Ich möchte nicht daran gebunden sein, wenn ich es vergesse. 

14 Wenn ein Mensch irgendetwas kaufen will, sollte er es nicht aus Anhänglichkeit zu dem Ding tun, sondern, weil er es braucht oder notwendig hat. Es ist nicht gut „Anhänglichkeiten“ zu kaufen. 

15 Sogar kleine Ansätze von Selbstliebe müssen abgeschnitten werden und dann müssen wir auf der Suche nach dem Ursprung die Erde rund herum aufhacken und lockern, bis wir auf den Grund kommen, wo sie verwurzelt und umklammert sind. 

16 Man muss standhalten, wenn man um der Tugend willen von anderen Leid ertragen muss, auch dann, wenn Gott es zulässt, dass man in Verruf gerät und wie ein räudiger Hund vertrieben wird. 

17 Unser Feind, der Teufel, der ständig gegen uns kämpft, um uns bezwingen zu können, versucht, uns in unseren Häusern uneins zu machen und verursacht Streitigkeiten, Hass, Zank und Rivalitäten. Denn während der eine mit dem anderen kämpft, gelingt es ihm sicher, uns zu besiegen. 

18 Wer nicht an die Wohltaten denkt, die er von Gott in diesem Leben erhalten hat und an jene größeren, die seine Barmherzigkeit für uns in jenem anderen Leben der Seligkeit bereithält, nährt die Liebe zum Herrn nicht, sondern lässt sie erkalten. 

19 Wenn eine Seele sich völlig von lässlichen Sünden fernhalten könnte, würde ihr größter Schmerz darin bestehen, in diesem Leben gefangen zu sein. So groß wäre ihr Wunsch nach der Vereinigung mit Gott. 

20 In den Verfolgungen, die böse Menschen gegen Frömmigkeit und Hingabe verursachen, müssen wir unsere Augen auf den Herrn richten, dem wir dienen, und auf das Zeugnis eines guten Gewissens. 

21 Wie viel Geduld hatte Christus, der König und Herr des Himmels und der Erde mit seinen Aposteln! Wie viel Unhöflichkeit und Ungezogenheit hatte er von diesen armen und ungehobelten Fischern zu ertragen! Um wie viel mehr müssen wir unseren Nächsten ertragen, wenn er uns entsetzlich auf die Nerven geht! 

22 Wir müssen uns ganz und gar Gott hingeben. 

23 Die Seele, die sich ganz und gar Gott hingibt, ist ganz und gar die seine. 

24 Es ist im Allgemeinen ein schlechtes Zeichen, wenn man an den Hauptfesten des Kirchenjahres keinerlei besondere andächtige Empfindung hat. 

25 Denken wir daran, dass das Wort den Himmel verließ und sich erniedrigte, um für uns Mensch zu werden. 

26 Denen, die uns verfolgen, müssen wir nicht nur vergeben, wir sollten auch mit ihrer Verblendung Mitleid haben. 

27 Für jemanden, der den Herrn wirklich liebt, gibt es nichts Zermürbenderes und Belastenderes als dieses Leben. 

28 Junge Menschen sollen fröhlich sein und sich, je nach ihrem Alter, Erholung gönnen, vorausgesetzt, sie halten sich vom Weg der Sünde fern. 

29 Nicht zu wissen, wie wir unserer Seele ihre Begierden versagen können, heißt, eine Brutstätte der Laster nähren. 

30 Alle geschaffenen Dinge sind freigebig und zeigen die Güte des Schöpfers: die Sonne verbreitet Licht, das Feuer verbreitet Wärme, jeder Baum streckt seine Arme aus, das sind seine Zweige und reicht uns seine Früchte dar. Und Wasser und Luft und die ganze Natur drückt die Freigebigkeit des Schöpfers aus. Und wir, die wir sein lebendiges Ebenbild sind, stellen ihn nicht dar, sondern verneinen ihn mit unseren Werken durch unsere entarteten Gewohnheiten, obwohl wir uns mit unseren Lippen zu ihm bekennen. 

31 Eine Stunde vergeht, dasselbe gilt für ein Jahr; doch die Zeit Gutes zu tun, ist noch nicht vorbei. 

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